Auch unter den Bildern, die zur dritten Runden unseres Wettbewerbs eingereicht wurden, fand Ralf Wilken welche, zu denen er etwas anzumerken hat – sei es Lob oder Kritik.
Das war doch mal eine gute dritte Wettbewerbsrunde bevor es auf die Zielgerade und damit zum letzten Wettbewerb des dpf 2022 geht. Das obere Drittel der Beiträge war gut bis sehr gut und damit sind bei meiner Bewertung auch ein paar Bilder in die Kategorie “Web-Annahmen” gewandert, die bei anderen Wettbewerben (mit schlechterem Durchschnitt) sicherlich in der Kategorie “Heft-Annahmen” gelandet wären.
In dieser Runde wurde erfreulich wenig “Kitsch” eingereicht, also Bilder bei denen der Autor davon ausgeht, dass ein mehr oder weniger wahllos angewendeter Photoshop-Effekt den Wettbewerbsbeitrag verbessert.
Aufgrund der vielen positiven Beiträge fange ich mal mit zwei meiner am höchsten bewerteten Bilder an. Wie immer sind die folgenden minimalen Veränderungen solche, die ich persönlich gemacht hätte, wenn ich diese Bilder zu einem Wettbewerb eingereicht hätte.
Ganz schön frisch,…
… dürfte es zum Zeitpunkt des Auslösens an dem winterlichen Ort, den man im ersten Foto sieht, gewesen sein. Erstmal ein Foto ganz nach meinem Geschmack, das ich dann aber doch nur auf meinen persönlichen Platz 4 gevotet habe, weil es eine leicht zu vermeidende “Unschönheit” enthält.
Die Spitze des Fahnenmastes endet genau an der Kante der Bergkette und auch die Spitze des Kirchturms tut das,… und das hätte ich hier unbedingt vermieden.
Ich hätte, um das zu vermeiden, beim Auslösen nur etwas in die Knie gehen müssen und habe hier mal simuliert, wie es dann ungefähr aussehen würde. Es kommt hier nicht darauf an, dass ich eine perfekte Retusche präsentiere,… es geht hier ja nur um die Simulation meines oben beschriebenen, etwas tieferen Aufnahmepunktes. Da das Bild nach meinem Geschmack noch einen Tick mehr Wumms vetragen könnte, habe ich ich den Weißpunkt und den Schwarzpunkt per Tonwertkorrektur jeweils leicht nach innen verschoben. Die Kirche selbst nehme ich bei dieser Korrektur wieder raus, sie verliert sonst die 3/4-Ton-Zeichnung.
Um die obere und untere Bildkante etwas zu stützen habe ich dann jeweils einen ganz leichten Verlauf in der ursprünglichen Himmelfarbe draufgesetzt.
“Ziemlich parallel”…
… gibt es als Attribut ja leider nicht,… es kann also nur “parallel” oder “nicht parallel” geben. Bei dem zweiten Wettbewerbsbeitrag gibt es eigentlich so gut wie nichts zu meckern,… er ist sauber composed/retuschiert. Das Bild ist daher auch unter meinen mit “Top 6” bewerteten Beiträgen auf dem 5. Platz gelandet.
Mich stört hier, dass die Hausfassade und der Lampenmast nicht parallel laufen. Ob das dann physikalisch richtig ist oder nicht, ist mir dabei ziemlich wurscht,… ich würde die Bildwirkung einfach leicht harmonischer empfinden.
Spannend wird es, wenn man versucht das auszugleichen, denn durch die konische Form des Mastes darf man weder die Außenkante noch die Mittelachse des Mastes parallel zur Hausfassade ausrichten,… beides wirkt weiterhin schief. Man kann das also nur “per Auge” so hindrehen, so dass optisch ein paralleler Eindruck entsteht. Aber, wie oben schon gesagt,… das ist Meckern auf ganz hohem Niveau. Man kann diese Änderung also machen,… muss es aber nicht
Ja, wo isser denn ???
Einen sauberen Wettbewerbsbeitrag hat der Autor mit diesem Foto eingereicht,… genau so sehen Wettbewerbsbilder aus. Das Foto ist sauber ausgearbeitet und hat eine perfekte Graubalance über das gesamte Motiv. Selbstverständlich hat er dafür von mir auch eine Bewertung für die Abbildung im Heft und die damit verbundenen Punkte bekommen.
Was mir an dem Bild nicht ganz so gut gefällt, ist die Position des Mannes innerhalb des Bildes, daher ist das Foto in meiner Bewertung auch nicht unter meinen “Top 6” gelandet. Er sitzt als dunkler Anziehungs-Punkt zwar sauber in der hellen Fläche, befindet sich aber dafür, dass er sich von rechts nach links bewegt, zu weit links.
Wie beschreibe ich das jetzt ? Wenn eine Person, ein Tier oder Sonstwas sich in einem Bild von rechts nach links bewegt und sich links von der Bildmitte befindet,… dann empfindet man es so, als würde der, die, das aus dem Bild hinauslaufen und nicht in das Bild hinein. Würde sich der Mann noch weiter links befinden, wäre es noch unangenehmer,… man hätte dann das Gefühl, er renne gegen die Wand.
Ich habe hier unten mal simuliert, wie das Bild ausgesehen hätte, wenn der Autor eine Sekunde früher ausgelöst hätte. Die Person sitzt immer noch sauber in der hellen Fläche, läuft jetzt aber “gefühlt” von rechts in das Bild hinein. Der Unterschied zum Ausgangsbild ist nicht groß,… er macht das Bild aber einen Hauch harmonischer und genau das bringt bei einem Wettbewerb die Punkte.
Durch das Veschieben sitzt die Figur jetzt auch auf dem Schnittpunt zweier Drittel-Linien. Das muss bei einem Bild ja nicht zwangsläufig so sein,… wird aber im Allgemeinen ebenfalls als harmonisch empfunden.
Windräder
Auch anhand des folgenden Wettbewerbsbeitrag möchte ich mal zeigen, wie wichtig die Position bestimmter Dinge innerhalb eines Fotos ist. Der Autor hat hier sicherlich keinen Wettbewerbskracher gelandet, daher war meine Bewertung hier auch weniger hoch als bei den drei vorherigen Bildern. Er hat aber etwas Entscheidendes goldrichtig gemacht: die beiden Windräder stehen zueinander abslout perfekt, besser kann man das nicht machen.
Der obere Flügel des hinteren Windrades passt genau in die 2 unteren Flügel des vorderen Windrades. Beide Windräder schneiden sich an keiner Stelle und stehen absolut parallel. Das ergibt eine 100% harmonische Gesamterscheinung. Besonders deutlich wird das, wenn man die Windräder mal durch zwei Dreiecke ersetzt. Diese Position ist beim Auslösen gar nicht so einfach zu treffen,… besonders, wenn es ziemlich windig ist und sich die Räder schnell drehen.
Ich habe hier unten mal simuliert, wie es aussehen würde, wenn der Autor nicht auf die Position der Räder geachtet hätte. Das Motiv erscheint einfach weniger “aufgeräumt” und ein aufgeräumtes Erscheinungsbild ist das A und O für ein Wettbewerbsmotiv.
Falls es die Leser interessiert, was ich im Falle eines Wettbewerbs mit diesem Schuss gemacht hätte : ich hätte ihn insgesamt etwas sommerlicher “in meinen Look” gedreht, also die Tonwerte und Farbigkeit etwas verändert und dann zum Schluss das Motiv einen Tick enger geschnitten. Aber das ist sicherlich Geschmackssache
Bisschen eng
Als Fan der “New Color Photography” finde ich das Motiv dieses Wettbewerbsbeitrags natürlich erstmal gut und eine verlassene schedderige Tankstelle geht eigentlich immer. Was hier nicht so schön ist, und das sieht man häufiger bei Wettbewerbs-Einreichungen : das Motiv ist viel zu knapp beschnitten. Es gibt zwar den Grundsatz : “reingehen ins Motiv” , aber das gilt nicht zwingend für alle Motive. Ich hätte mich hier also etwas vom Motiv entfernt und so mehr Umfeld in das Bild gebracht.
Um das grob zu demonstrieren habe ich das hier mal simuliert und auch gleich die leichte Verzerrung der oberen Dachlinie korrigiert.
Das Motiv kann jetzt einfach “besser atmen” und wirkt dadurch nicht so eingeengt. Ich hätte hier übrigens mit etwas weniger HDR gearbeitet.
Kanaren
Das folgende Motiv ist ganz sicher auf den Kanaren entstanden, vermutlich auf Fuerteventura oder auf Lanzarote, für diese Regionen sind diese blauen Fenster typisch. Was mir bei diesem Beitrag fehlt, ist eine Bildgeometrie, also eine Linienführung, die das Bild interessanter macht. (Hinweis : Ich habe an die folgenden Bilder schwarze Konturen gesetzt, um die weißen Wände vom Hintergrundweiß zu lösen. An einen Wettbewerbsbeitrag gehören keinerlei Rahmen … zumal ja in der d-pixx foto alle Wettbewerbsbilder auf Grau stehen. Das aktuelle Heft d-pixx foto 3/2022 kann als Print- und/oder Digitalausgabe hier bestellt werden!)
Ich hätte jetzt gar keine Idee, was man hier machen könnte, das Motiv/die Location selbst geben hier einfach sehr wenig her, da hat der Autor also überhaupt nichts falsch gemacht. Daher habe ich zur Demonstration mal einen Schuss genommen, den ich 2018 in Punta Mujeres auf Lanzarote fotografiert habe, hier spielt mir die Location deutlich in die Karten. Durch die zwei unterschiedliche Gegenstände (Fenster/Lampe) wirkt das Bild schon mal etwas interessanter und die Diagonale bringt “etwas Geometrie” ins Spiel.
Etwas “schmuddelig”,…
…wirken auf Fotos meist metallene Teile, wenn ihr Umfeld farbig einspiegelt. Auch im Wettbewerbsbeitrag unten sieht man deutlich den insgesamt gelblichen Schimmer, er am oberen Rand ins Graue übergeht.
Metallene Teile sollte man immer komplett entsättigen, sie wirken dann automatisch sauberer und metallischer. Besser, als ein Tick ins Gelbe wäre sogar noch ein leicht bläulicher Schimmer.
Ich habe das unten mal so gemacht, das Bild dabei etwas enger geschnitten und eine leichte Vignette (also am Rand abgedunkelt) eingebaut. Beim Beschneiden des Bildes sollte man darauf achten, dass man nur in der Metallfläche anschneidet und keine Nieten (oder was immer diese Hubbel auch sind) anschneidet. Man sieht das an der rechten Kante des Ausgangsbildes,… die “halben Nieten” wirken störend.
Als “Ausschnitts-Sache”…
…könnte man diese Thematik betiteln. Der Autor hat hier ein sehr schönes Motiv eingereicht, was von mir auch eine Bewertung für die Abbildung im Heft bekommen hat.
Ich habe länger davor gesessen, weil mich irgend etwas gestört hat, bzw. weil ich es vermutlich ganz leicht anders gemacht hätte,… worüber man ganz bestimmt diskutieren kann. Meiner Meinung nach müssten die Vögel für ein Querformat etwas weiter rechts im Format sitzen, das Motiv sitzt so, wie es ist, irgendwie nicht ganz harmonisch im Format. Ich habe das hier unten mal simuliert und die Vögel dabei gleich einen Tick größer gemacht.
Um ohne diese Korrektur auszukommen und daher nichts an der Position der Vögel ändern zu müssen, hätte ich sicherlich zum klassischen quadratischen Instagramm-Cut gegriffen und die Lampe mittig ins Format gesetzt.
Zum Schluss dieser Bildbesprechung wünsche ich Euch/Ihnen allen gutes Gelingen in der vierten und letzten Wettbewerbsrunde, die ja dann über die finale Platzierung in der Jahres-Wertung entscheidet.
© Bilder : Bei den Fotografinnen und Fotografen des dpf 3/2022
Text : Ralf Wilken
Wichtiger Hinweis
Alle in dieser Serie gezeigten Bildmodifikationen und Anmerkungen spiegeln meinen ganz persönlichen Geschmack wider und können keinesfalls Allgemeingültigkeit haben. Ich behandle sie so, als wären es meine selbst fotografierten Bilder, die ich für eine eigene Wettbewerbsteilnahme bearbeite.
Der Beitrag Lob & Kritik – Ralf Wilken bespricht Bilder aus dpf Runde 3 / 2022 erschien zuerst auf d-pixx.